Erst der Erbe des zuletzt verstorbenen Elternteils kann das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit geltend machen.
Im Rahmen von Erbfolgeregelungen setzen sich Eheleute häufig gegenseitig als Alleinerben ein. Sind erbberechtigte Abkömmlinge (Kinder) vorhanden, sollen diese regelmäßig davon abgehalten werden, ihre gesetzlichen Pflichtteilsansprüche bereits beim Tod des erstversterbenden Elternteils geltend zu machen. Beanspruchen Kinder den Pflichtteil dennoch, können diese dann nach dem Tod beider Elternteile von der Erbfolge insgesamt ausgeschlossen werden (sog. Pflichtteilsstrafklausel).
Um ggf. zu vermeiden, dass der Pflichtteil auf den Tod beider Eltern höher ist als der gesetzliche Erbteil eines anderen Pflichtteilsberechtigten, erhalten Erben, die den Pflichtteil nicht verlangt haben, häufig ein Geldvermächtnis aus dem Nachlass des Erstverstorbenen in Höhe des gesetzlichen Erbteils, welches mit dem Tod des längstlebenden Erblassers anfällt. Dies kann zu einer Verringerung des Pflichtteilsanspruchs führen.
Der Bundesfinanzhof15 hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass das Vermächtnis nicht bereits beim Tod des erstversterbenden Elternteils vom überlebenden Elternteil (Erbe) als Nachlassverbindlichkeit (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG) abgezogen werden kann, wenn das Vermächtnis noch nicht fällig ist. Vielmehr kann erst der Erbe des zuletzt verstorbenen Elternteils das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit geltend machen.
15 BFH-Urteil vom 27.02.2024 II R 34/20 (BStBl 2024 II S. 375).
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